Blogbeitrag Dezember zum Förderpreis “Alter und Arbeit 2011″


 

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Im Rahmen des Stiftungspreises habe ich im letzten Jahr untersucht, inwieweit durch körperliches Training die Motivation älterer Personen gesteigert werden kann, aktiv zu bleiben und sich mit Neuheit am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen.

Diese Aspekte der zukünftigen Planung und Einbindung von Aktivität und Neuheit gewinnen im höheren Erwachsenenalter aus kognitiver und gesundheitswissenschaftlicher Sicht an besonderer Relevanz. Der „zeitliche“ Blick in die eigene Zukunft, kann erhebliche positive wie auch negative Konsequenzen auf die persönlichen Ziele und die Motivation haben – auch im Arbeitsleben. Diese Aspekte der Motivation sind im Hinblick auf den zunehmenden Anteil älterer Arbeitnehmer ein wichtiger Ansatzpunkt für Arbeitgeber, um ältere Arbeitnehmer langfristig aktiv und leistungsfähig im Arbeitsprozeß zu halten.

Meine Arbeit untersuchte dabei zwei Faktoren, die aufgrund ihrer Brückenbildung zwischen Neurobiologie und psychosozialen Faktoren relevant sind, und zwar die Selbsteinschätzung der eigenen zukünftigen Gesundheitsperspektive und die Neurobiologie motivierten Handelns. Im Rahmen meiner Forschungsarbeit wollte ich die Hypothese überprüfen, inwieweit diese subjektive Selbsteinschätzung, wie lange man noch selbständig und gesund bleibt, einen maßgeblichen Einfluß auf die Motivation hat, sich auf Neues einzustellen und einen aktiven Lebensstil zu führen.
Die zentrale Hypothese ist, dass körperliche Fitness sowohl die Selbsteinschätzung der eigenen Gesundheitsperspektive als auch die motivationalen Hirnfunktionen positiv beeinflusst und dies zu einer langfristigen Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit führt.

Folgende Fragestellungen wurden in meiner Forschungsarbeit untersucht:

  • Hat die subjektive Selbsteinschätzung, wie lange man noch selbständig und gesund bleiben wird, einen maßgeblichen Einfluss auf motiviertes exploratives Verhalten und dementsprechend auch auf den Lebensstil? Es wird erwartet, dass diese Art Motivation stärker vom SHH als von der wahrgenommenen Lebenserwartung beeinflusst wird.
  • Führt eine Erhöhung des körperlichen Fitnessniveaus durch ein kardio-vaskulär wirksames Fitnesstraining zu einer Erweiterung des SHH und erhöht sich demzufolge die Motivation, sich mit neuen Dingen zu beschäftigen, explorativ tätig zu sein und im Arbeitsprozess weiter aktiv teilzunehmen?
  • Gehen die Veränderungen des SHH auch mit neurobiologischen Veränderungen im episodischen Gedächtnisnetzwerk (z.B. Hippokampus, retrospleniale Region) und im dopaminergen Mittelhirn einher?

Ergebnisse

1. körperliches Training und subjektiver Gesundheitshorizont (SHH)

Es ist bekannt, daß ein aktiver Lebensstil einen positiven Einfluß auf Lernen- und Gedächtnis aber auch auf die Hirnstruktur im höheren Lebensalter hat. Jedoch gibt es kaum Hinweise, welche Mechanismen die Motivation antreiben, auch im höheren Lebensalter einen aktiven Lebensstil zu führen, der u.a. körperliche Aktivität und Neuheitsexploration beinhaltet.
Ich nehme an, daß ein wichtiger Faktor für die Motivation auch im Alter aktiv und neugierig und dementsprechend auch leistungsfähig zu bleiben, der subjektive Gesundheitshorizont (SHH) ist. Innerhalb der Forschungsarbeit entwickelte ich einen Fragebogen, der sie subjektive Gesundheitsperspektive in verschiedenen Bereichen misst. In einer ersten Validierungsphase kann festegestellt werden, dass der Fragebogen ein valides Instrument ist.
Mit Hilfe der Faktorenanalyse konnte ich zeigen, dass es verschiedene Subkomponenten im Gesundheitshorizont (Siehe Blog Oktober/November) mit unterschiedlichen Zeitperspektiven gibt.

Die drei Hauptkomponenten sind:

  • körperlicher Gesundheitshorizont (Items 8-16)
  • neuheitsbezogener Gesundheitshorizont (Items 23 a-j)
  • gesundheitsbezogene Arbeitsperspektive (Items19a-e)

In ersten Analysen habe ich untersucht, wie sich diese drei Hauptkomponenten innerhalb der Interventionsstudie durch körperliches Training beeinflusst werden.

Vor der Intervention findet sich kein signifikanter Unterschied zwischen Trainings- und Kontrollgruppe in den Ausprägungen der einzelnen Komponenten (siehe Abbildung 1). Nach der Intervention zeigt sich innerhalb der Trainingsgruppe eine signifikante Erhöhung der Komponente „gesundheitsbezogene Arbeitsperspektive“. In beiden Gruppen gibt es keine Veränderung in den Komponenten „neuheitsbezogener Gesundheitshorizont“ sowie „körperliche Gesundheitsperspektive“.

vor der Intervention:  nach der Intervention:

Abbildung 1: zeitliche Ausprägungen der ersten 3 Hauptkomponenten: körperlicher Gesundheitshorizont (blauer Balken), neuheitsbezogener Gesundheitshorizont (grüner Balken), arbeitsbezogener Gesundheitshorizont (beiger Balken) vor- (linkes Diagramm) und nach Intervention (rechtes Diagramm)

Hier findet sich ein Interventionseffekt, der die Motivation und subjektive Einschätzung erhöht, sich auch zukünftig vorstellen zu können, seine alte oder neue Tätigkeit auszuführen. Auf die neuheitsbezogenen Perspektive scheint auf dem ersten Blick das Interventionstraining keinen Effekt zu haben.

Sobald die vollständigen Daten der physiologischen Trainingseffekte (z.B. Atemgasanalyse, kardiovaskuläre Daten) vorliegen, kann ich analysieren, inwieweit die Interventionseffekte im Zusammenhang mit den Fitness-Trainingseffekten stehen.

2. Körperliches Training und strukturelle Veränderungen im Gehirn

Durch voxel-basierte Morphometrieanalysen (VBM) können sehr kleine, lokale Unterschiede in der Hirnanatomie untersucht sowie Volumenunterschiede detektiert werden (siehe Blog März). Erste VBM-Analysen zeigen einen signifikanten Effekt des Laufbandtrainings in einer erhöhten grauen Substanzdichte in der Trainingsgruppe, verglichen zu der Kontrollgruppe. Die in Abbildung 2 gelb gekennzeichnete Region zeigt einen Interventionseffekt, der in der Trainingsgruppe mit einer erhöhten hirnstrukturellen Veränderung im entorhinalen Kortex einhergeht.

Für ein ähnliches Areal hatte ich im November-Blog berichtet, dass es signifikant mit der Ausprägung des neuheitsbezognenen Gesundheitshorizontes korreliert.

Abbildung 2: Region, die auf einer gemittelten und gesmoothten grauen Substanz-Karte einen signifikanten Volumenzuwachs in der Trainingsgruppe mittels VBM-Analysen zeigt

erstes Fazit

Wir konnten bisher zeigen, dass körperliche Aktivität Veränderungen in gedächtnisrelevanten Regionen induziert und es hier zu Volumenzunahmen im entorinalen Kortex kommt. Gleichzeitg nimmt die subjektive Arbeitsperspektive nach dem Laufbandtraining in der Trainingsgruppe zu. Ob diese beiden Erkenntnisse miteinander in Beziehung stehen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
Diese Ergebnisse sind sehr ermutigend, da es möglich scheint, durch körperliche Aktivität eine Ausweitung der Arbeitsperspektive im höheren Alter zu bewirken. Im Endbericht werde ich bei Vorlage der gesamten Daten in der Lage sein, umfassend die in der Forschungsarbeit aufgestellten Fragestellungen zu analysieren und zu diskutieren.

Ältere Blogbeiträge zum Förderpreis 2011 finden Sie hier:
Vorbericht
Januar 2012
Februar 2012
März 2012
April 2012
Juni 2012
Juli 2012
August 2012
September 2012
Oktober 2012
November 2012