Blogbeitrag Januar 2014 zum Förderpreis “Alter und Arbeit 2013″


 

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Wie wir vorgehen: Ein Einblick in die Forschungsmethoden

Willkommen zum 2. Blogeintrag!

Im vorigen Blogeintrag habe ich Ihnen einen kurzen Einblick in den Hintergrund und die zentralen Fragestellungen unserer Studie gegeben. Aber wie kann man diese Fragen untersuchen? Wie misst man Emotionsregulation und deren Folgen im Berufsleben? Die psychologische Forschung hat dazu eine ganze „Toolbox“ von Methoden entwickelt, die wir beim Design unserer Studie in Betracht gezogen haben. Wie wir bei dieser Studie vorgehen, berichte ich Ihnen in diesem Blog.

 

Schritt 1: Auswahl von Kontext und Rekrutierung der Studienteilnehmer
Zunächstsuchten wir einen beruflichen Kontext, der emotional anspruchsvoll ist und Menschen auf einer täglichen Basis emotional herausfordert, denn hier sollte der richtige Umgang mit Emotionen besonders entscheidend für Wohlbefinden und Arbeitsfähigkeit sein. Der Gesundheits- und Pflegesektor erwies sich dabei als ideal. Wir konnten eine Firma, die Seniorenresidenzen in ganz Deutschland betreibt, fürdie Teilnahme gewinnen. Damit haben unsere Befunde große Relevanz für einen Sektor, der aufgrund des demographischen Wandelsweiter wachsen wird und in dem zunehmend ältere Mitarbeiter beschäftigt sein werden.
Alle Beschäftigten unterschiedlicher Häuserunseres Kooperationspartners sind eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Zu den Beschäftigten gehören Krankenschwestern und Pflegefachkräfte auf allen Ebenen, von den Auszubildenden bis hin zu den Führungskräften. Unser Ziel ist eine für alle Beschäftigten repräsentative Stichprobe mit etwa 150 Teilnehmenden unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlich viel Berufserfahrung. Als Anreiz zur Teilnahme erhalten alle Teilnehmenden eine individuelle Rückmeldung zu ihrem „Emotionstyp“ und nehmen automatisch an einer Verlosung von 3 Restaurantgutscheinen teil.

In Gesundheits- und Pflegeberufen sind Beschäftigte täglich emotional gefordert und müssen den emotionalen Bedürfnissen ihrer Klienten gerecht werden. Daher ist der Pflegesektor ein idealer Kontext, um die Rolle der Emotionsregulation für das berufliche Wohlbefinden und die Arbeitsfähigkeit zu untersuchen. Foto: Dr. Becker Unternehmensgruppe

In Gesundheits- und Pflegeberufen sind Beschäftigte täglich emotional gefordert und müssen den emotionalen Bedürfnissen ihrer Klienten gerecht werden. Daher ist der Pflegesektor ein idealer Kontext, um die Rolle der Emotionsregulation für das berufliche Wohlbefinden und die Arbeitsfähigkeit zu untersuchen.
Foto: Dr. Becker Unternehmensgruppe

 

Schritt 2: Studiendesign und Durchführung
Zwei Mitarbeiterinnen des Forschungsteams besuchen die verschiedenen Einrichtungen unseres Kooperationspartners und treffen die Beschäftigten in Gruppensitzungen oder individuell. Die Erhebung findet in drei Teilen statt.

Teil 1. Die Teilnehmenden erhalten eine Mappe mit allen Unterlagen zum Forschungsprojekt. Die Mappe enthält ein Informationsblatt zur Studie mit Einwilligungserklärung zur Teilnahme und zwei Fragebögen. Einer der Fragebögen wird von den Teilnehmenden selbst ausgefüllt, der Zweite soll – so der Teilnehmende dazu bereit ist – an die unmittelbare Führungskraft weitergereicht werden. Der Teilnehmerfragebogen erhebt demografische Daten, die subjektive Arbeitsfähigkeit und –zufriedenheit, Fragen zu emotionalen Anforderungen im Arbeitsleben und dem Umgang mit eigenen Emotionen, sowie Fragen zur Wahrnehmung des eigenen Alterns. Im optionalen Fragebogen für die Führungskraft wird die Arbeitsfähigkeit der Teilnehmenden eingeschätzt (z. Bsp. „Wie schätzen Sie die derzeitige Arbeitsfähigkeit Ihrer Mitarbeiterin bzw. Ihres Mitarbeiters ein?“). Die Führungskräfte werden gebeten, ihre ausgefüllten Fragebögen in einem Umschlag zu versiegeln und an das Forschungsteam zurück zu senden. Durch diese Prozedur stellen wir sicher, dass Beschäftigte und Vorgesetzte zu keinem Zeitpunkt Einsicht in die Antworten des anderen erhalten.

Das Studiendesign auf einen Blick. Die Teilnehmer/innen füllenzunächst einen individuellen Fragebogen aus und übergeben – so sie dazu bereit sind – einen weiteren Fragebogen an die unmittelbare Führungskraft. Danach haben sie die Möglichkeit, an einer individuellen Testsitzung teilzunehmen, bei der eine Emotionsregulationsaufgabe am Computer durchgeführt wird. Nach 3 Monaten sind die Teilnehmenden eingeladen, einen Follow-up Fragebogen auszufüllen.

Das Studiendesign auf einen Blick. Die Teilnehmer/innen füllen zunächst einen individuellen Fragebogen aus und übergeben – so sie dazu bereit sind – einen weiteren Fragebogen an die unmittelbare Führungskraft. Danach haben sie die Möglichkeit, an einer individuellen Testsitzung teilzunehmen, bei der eine Emotionsregulationsaufgabe am Computer durchgeführt wird. Nach 3 Monaten sind die Teilnehmenden eingeladen, einen Follow-up Fragebogen auszufüllen.

 

Teil 2. Für den zweiten Teil der Studie wird ein persönlicher Termin vereinbart, bei dem die Teilnehmenden eine Emotionsregulationsaufgabe am Computer im Beisein einer Mitarbeiterin des Forschungsteams während der Arbeitszeit bearbeiten. Auch hier steht der Umgang der Teilnehmenden mit emotionalen Situationen mit Mittelpunkt. Die Teilnehmenden bewerten Bilder von Situationen, die mehr oder weniger starke Gefühle auslösen können. Auf den genauen Hintergrund und Aufbau der Emotionsregulationsaufgabe werde ich im nächsten Blogeintrag ausführlich eingehen.

Teil 3. Nach ca. 3 Monaten erhalten die Teilnehmenden einen Follow-up Fragebogen, der wiederholt das Wohlbefinden und die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten erfasst. Außerdem enthält er Fragen zu spezifischen Arbeitsereignissen, die im Laufe der vergangenen drei Monate aufgetreten sind. Dies erlaubt es uns, die längerfristigen Auswirkungen emotionaler Anforderungen und Emotionsregulation auf die subjektive Arbeitsleistung und –zufriedenheit zu untersuchen.

 

Schritt 3: Zusammenstellung des Fragebogens
Bei der Zusammenstellung der Fragebögen (Teil 1 und Teil 3 der Studie) ging es uns darum, einen guten Einblick in den Arbeitsalltag, den Umgang mit Emotionen, sowie Wohlbefinden und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten. Die untenstehende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Themen, die im Fragebogen angesprochen werden.

 

Scheibe_Januar14_Abb2

 

Im nächsten Blog werde ich näher auf Teil 2 der Studie eingehen, bei der die Teilnehmenden eine Emotionsregulationsaufgabe am PC durchführen.

Freundlich grüßt Sie
Dr. Susanne Scheibe

 

Zum Weiterlesen
Scheibe, S. & Zacher, H. (2013).A lifespan perspective on emotion regulation, stress, and well-being in the workplace. In P. L. Perrewé, J. Halbesleben, & C. C. Rosen (Eds.), Research in occupational stress and well-being (Vol. 11, pp. 163-193). Bingley, UK: Emerald. doi:10.1108/S1479-3555(2013)0000011010

Journal of Business and Psychology virtual issue on „Data and Methods in Organizational Science“

 

Den 1. Beitrag von November 2013 finden Sie hier.