Blogbeitrag November zum Förderpreis “Alter und Arbeit 2013″


 

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Willkommen zu meinem Blog!
Von nun an werde ich Ihnen alle zwei Monate über den Verlauf meiner durch die Becker-Stiftung geförderten Studie berichten.


Umgang mit Emotionen – der Schlüssel zum Wohlbefinden bei der Arbeit?
In dieser Studie steht der Umgang mit Emotionen – die Emotionsregulation, so der psychologische Fachausdruck – zentral. Wir wollen erforschen, inwiefern die Fähigkeit zur Emotionsregulation für Beschäftigte verschiedenen Alters zu Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit in emotional anspruchsvollen Berufen beitragen kann. Aber was ist damit gemeint? Wofür braucht man Emotionsregulation im Arbeitsleben? Und wie verändert sich die Emotionsregulation mit dem Alter? Über diese Fragen möchte ich Ihnen heute einen kurzen Einblick geben.


Was ist Emotionsregulation und wofür braucht man sie?

Ein verärgerter Kunde, eine Mailbox voller dringender Arbeitsaufgaben, Magenschmerzen, der Gedanke an den gestrigen Konflikt mit dem Partner — viele Erlebnisse bei der Arbeit lösen negative Emotionen in uns aus, sei es Ärger, Trauer oder Angst. Emotionen erfüllen wichtige Funktionen: sie zeigen uns, was wichtig und unwichtig ist, wo unsere körperliche Grenze liegt, wann wir handeln müssen. Aber manchmal stehen uns unsere Emotionen uns auch im Weg, lenken uns von der Arbeit ab oder führen zu Konflikten mit anderen. Langfristig können negative Emotionen unsere psychische und körperliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit einschränken, denken Sie nur an das momentan viel diskutierte Burnout Syndrom.

Viele Erlebnisse bei der Arbeit können negative Emotionen und Stress auslösen. Wer mit seinen Emotionen angemessen umgehen kann, ist weniger anfällig für langfristige negative Folgen von Arbeitsstress.

 

Es gibt daher viele Situationen, in denen es sinnvoll ist, die eigenen Emotionen zu regulieren. Emotionsregulation heißt, dass Sie bewusst (oder unbewusst) Einfluss darauf nehmen, welche Emotionen Sie erleben oder nach außen zeigen, wie intensiv Emotionen erlebt werden, oder wie lang sie andauern.

In der psychologischen Forschung werden verschiedene „Strategien“ der Emotionsregulation unterschieden, die mehr oder weniger effektiv sein können.

Effektive Strategien: Dazu gehört, das Sie negative Ereignisse akzeptieren oder versuchen, für sich das Beste an der Situation zu erkennen, indem Sie die Situation positiv um bewerten. Oder Sie denken an positive Ereignisse, um sich von negativen Geschehnissen abzulenken. Oder Sie machen Pläne, wie sie die Situation verändern können. Die Forschung zeigt, dass diese Strategien gut geeignet sind, um mit negativen Situationen umzugehen und unser langfristiges Wohlbefinden zu sichern.

Ineffektive Strategien: Dazu gehört, das Sie über negative Ereignisse immer wieder nachdenken und herausfinden wollen, warum Sie sich so fühlen wie Sie sich fühlen. Die Ursache für negative Ereignisse suchen Sie entweder bei sich selbst oder bei anderen, um zu erklären, warum etwas Negatives passiert ist. Oder sie machen „eine Mücke zum Elefanten“ – d.h. sie denken, dass diese Situation das Schlimmste ist, was einem passieren kann. Die Forschung zeigt, dass diese Strategien weniger gut geeignet sind, um mit negativen Situationen umzugehen, da sie entweder ineffektiv sind oder negative Gefühle und Stress sogar verstärken.


Wie verändert sich die Emotionsregulation, wenn wir älter werden?
Die „richtige“ Emotionsregulation ist eine Kunst, die wir im Laufe des Lebens erwerben müssen. Bei Babys und Kleinkindern kommen Emotionen noch ungefiltert zum Ausdruck. Eltern, Betreuer und Lehrer regen Kinder zunehmend an, ihre Emotionen zu regulieren. „Das ist doch nicht so schlimm, wir kaufen eine neue Puppe“ oder „Das gehört eben dazu, wenn man tobt“ sind Beispiele der oben genannten effektiven Strategien zur Emotionsregulation, die Kinder oft hören.

Im Laufe des Lebens durchleben wir viele emotionale Situationen und erlernen dabei, wann Emotionsregulation sinnvoll oder notwendig ist und welche Strategien am besten für uns funktionieren. Aber mancher gewöhnt sich auch ineffektive Strategien der Emotionsregulation an. Auch die Persönlichkeit, z.B. die Neigung, emotional stärker oder schwächer auf Situationen zu reagieren oder die Offenheit für neue Erfahrungen, sowie das Auftreten von unvorhergesehenen schwierigen Lebensereignissen haben einen Einfluss auf diesen Lernprozess.

Bei Kindern kommen Emotionen meist noch ungefiltert zum Ausdruck. Im Laufe des Lebens lernen wir, unser Emotionserleben und oder unseren Emotionsausdruck zu beeinflussen. Aber manch einer gewöhnt sich auch uneffektive Strategien der Emotionsregulation an. (Foto links: Björn Rauscher, Foto rechts: Rainer Sturm, beide pixelio.de)

Bei Kindern kommen Emotionen meist noch ungefiltert zum Ausdruck. Im Laufe des Lebens lernen wir, unser Emotionserleben und oder unseren Emotionsausdruck zu beeinflussen. Aber manch einer gewöhnt sich auch uneffektive Strategien der Emotionsregulation an.
(Foto links: Björn Rauscher, Foto rechts: Rainer Sturm, beide pixelio.de)

 

Obwohl jeder Mensch unterschiedlich ist, zeigen altersvergleichende Studien doch einen positiven Trend dahingehend, dass die Fähigkeit zur Emotionsregulation in vielerlei Hinsicht mit dem Alter zunimmt. Im Mittel berichten ältere Personen, dass sie mehr Kontrolle über ihre Emotionen haben als jüngere Personen, sie wählen häufiger effektive und seltener ineffektive Strategien der Emotionsregulation, und es kostet sie weniger geistige Kraft, um bestimmte Strategien auszuführen. Dementsprechend findet sich in vielen Studien auch ein Trend, dass das emotionale Wohlbefinden mit dem Alter zunimmt, bis es in den 60ern und 70ern Jahren des Lebens einen Höhepunkt erreicht.

Eine aktuell viel diskutierte Annahme ist zudem, dass verschiedene Situationen und Lebensalter verschiedene Strategien zur Emotionsregulation erfordern. Zum Beispiel zeigen aktuelle Studien, dass die Strategie der Umbewertung (d.h. Sie bewerten ein negatives Erlebnis so um, dass es positiver ist und Sie sich besser fühlen) besser bei leicht bis mittelstarken negativen Situation geeignet ist, während die Strategie der Ablenkung (d.h. Sie lenken sich mit Gedanken an alltägliche, schönere Dinge ab) bei stark negativen Situationen besser geeignet ist. Außerdem fanden wir in einer aktuellen Studie, dass ältere Personen eher die Strategie der Ablenkung wählen und davon stärker profitieren als jüngere Personen.


Zentrale Forschungsfragen des Projekts

Vor diesem Hintergrund stehen folgende Forschungsfragen zentral in diesem Projekt:

  1. Unterscheiden sich jüngere und ältere Beschäftigte in emotional anspruchsvollen Berufen hinsichtlich ihres Umgangs mit negativen Emotionen?
  2. Welche Strategien der Emotionsregulation tragen dazu bei, dass Beschäftigte in emotional anspruchsvollen Berufen langfristig ein hohes Wohlbefinden und eine hohe Arbeitsfähigkeit aufrechterhalten können?
  3. Profitieren jüngere Beschäftigte von unterschiedlichen Strategien der Emotionsregulation als ältere Beschäftigte?

 

Im nächsten Blog werde ich Ihnen berichten, mit Hilfe welcher Methoden wir diesen Fragen in unserer Studie nachgehen.

Freundlich grüßt Sie
Dr. Susanne Scheibe

 

Zum Weiterlesen
Gross, J. J. (2001). Emotion regulation in adulthood: Timing is everything. Current Directions in Psychological Science, 10, 214-219. doi:10.1111/1467-8721.00152

Diefendorff, J. M., Richard, E. M., & Yang, J. (2008). Linking emotion regulation strategies to affective events and negative emotions at work. Journal of Vocational Behavior, 73, 498-508. doi:10.1016/j.jvb.2008.09.006

Scheibe, S., & Carstensen, L. L. (2010). Emotional aging: Recent findings and future trends. The Journals of Gerontology: Series B: Psychological Sciences and Social Sciences, 65B(2), 135-144. doi:10.1093/geronb/gbp132

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