Gegen Alterseinsamkeit: Virtueller Freundschafts-Coach für Senioren


 

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Mit dem Alter kommt oft die Einsamkeit: Neue Kontakte knüpfen ist für viele Senioren nicht so einfach. Zugleich verlieren aber viele von ihnen zunehmend die Scheu vor Computern. Wissenschafter der TU Graz haben gemeinsam mit internationalen Partnern Konzepte für Computeranwendungen gegen Alterseinsamkeit entwickelt: Das Programm „Virtual Coach Reaches Out To Me“, kurz V2me, soll der Generation 65+ helfen, neue Freunde zu finden, gesellschaftlich aktiv zu werden geistig fit zu bleiben. Der Das Konzept des interaktiven Freundschafts-Coach fand in ersten Tests in Pflegeheimen großen Zuspruch. Mit Mai startete die finale Evaluierungsphase des Prototyps mit einer breiten Benutzerstudie.

Unsere Gesellschaft wird immer älter – und im Alter oft auch immer einsamer. Durch Berufsaustritt und Todesfälle schrumpft das soziale Umfeld. „Die Alterseinsamkeit zu vermindern ist das Ziel von V2me. Ältere Menschen sollen neue Weggefährten und damit mehr Lebensfreude gewinnen. Ein Computerprogramm kann Menschen freilich nicht ersetzen, aber helfen, mit ihnen in Kontakt zu treten“, erklärt Sven Havemann vom Institut für Computergraphik und Wissensvisualisierung der TU Graz, dessen Team gemeinsam mit neun internationalen Partnern V2me entwickelt hat. Die Software benutzt einen virtuellen Coach in Form einer animierten 3D-Figur als direkte Ansprechperson für den Benutzer. „Der Coach motiviert den Benutzer, gesellschaftlich aktiv zu werden, sich mit anderen Personen in Verbindung zu bringen und unter Leute zu gehen. Das Ziel ist, nachhaltige Freundschaften zu schließen“, so Havemann.

„Freundschaftskurs“ für Senioren

Der V2me-Coach unterhält sich mit dem Benutzer in einem virtuellen Wohnzimmer. Er fragt nach dem Befinden und trainiert seinen Schützling in zwölf von Psychologen entwickelten „Freundschaftslektionen“ unter anderem, offen auf fremde Menschen zuzugehen, die Erwartungen an Freundschaft zu reflektieren, oder mit unbekannten Personen ein Gespräch anzufangen. Der Benutzer kann zudem je nach Interesse unterschiedlichen Gruppen beitreten. „Die Termine der Gruppentreffen, beispielsweise Wanderausflüge, landen genauso wie individuelle Veranstaltungsvorschläge direkt im digitalen Terminkalender. Der virtuelle Coach erinnert dann an diese Treffen“, schildert Havemann.

Alltagsleben als IT-Vorbild

Ein zentraler Aspekt des virtuellen Coach ist die Benutzerfreundlichkeit: „V2me ist seniorenfreundlich gestaltet. Symbole aus dem Alltagsleben helfen bei der Orientierung am Display, mit 3D-Computergrafik wird das Programm zum Leben erweckt“, so Havemann. Alle Anwendungen passieren in einem virtuellen Wohnzimmer, in dem die Kontakte, der individuelle Terminkalender und Wegbeschreibungen einfach verwaltet werden. Zusätzlich gibt es eine mobile Lösung für Tablet-PC mit einem benutzerfreundlichen Touch-Interface sowie eine Webplattform, über die sich Angehörige der Benutzer mit den Betreuern der Pflegeeinrichtung austauschen und selbst Termine eintragen können. Zur Anwendung kommen soll das Programm vorerst in Pflegeeinrichtungen, die mittlerweile schon fast überall über die entsprechende Hardware verfügen. In weiterer Folge soll V2me Senioren auch in den eigenen vier Wänden in Sachen Kontaktpflege coachen.

„Ich will es nicht mehr hergeben“

Seit Anfang Mai ist der Prototyp von V2me fertig und die erarbeiteten Konzepte werden nun von Psychologen in Amsterdam und Luxemburg in breiten Benutzerstudien getestet. Vorabversionen wurden bereits in verschiedenen Seniorenwohnheimen in Deutschland, Finnland und den Niederlanden auf den Prüfstand gestellt. „Die Reaktionen waren sehr positiv und haben uns gezeigt, dass dieser Coach gegen Alterseinsamkeit eine Lücke füllt. Ein Teilnehmer wollte es gar nicht mehr hergeben“, schildert Havemann. Die Evaluierung wird zeigen, ob der Computer bei einem so sensiblen Thema wie nachhaltige Freundschaft Unterstützung bieten kann und akzeptiert wird.

Die Wissenschafter der TU Graz arbeiten gemeinsam mit neun Partnern aus sechs verschiedenen Ländern an dem Projekt, darunter Universitäten, Forschungsinstitutionen, IT-Unternehmen im Pflege- und Gesundheitsbereich und eine Diakonie. Der Part der TU Graz liegt bei der Visualisierung und der Animation. „V2me“ wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützt und ist Teil des EU-Projekts „AAL Joint Program“, das sich mit IT-Anwendungen zur Unterstützung älterer Menschen und Pflegebedürftiger beschäftigt.

Bildmaterial bei Nennung der angeführten Quellen honorarfrei verfügbar: http://www.presse.tugraz.at/webgalleryBDR/data/Virtueller%20Coach/index.htm

Nähere Informationen:
http://www.v2me.org

Rückfragen:
Dipl.-Inform. Dr.-Ing. Univ.-Doz. Sven Havemann
Institut für Computergraphik und Wissensvisualisierung
E-Mail: s.havemann@cgv.tugraz.at
Tel.: +43 (316) 873 – 5403
Mobil: +43 (664) 608735403

Quelle: idw.de, 31.05.2013