Gesundheit, Qualifikation und Motivation: Heidelberger Wissenschaftler untersucht Voraussetzungen für längere Lebensarbeitszeit


 

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Die drei Faktoren Gesundheit, Qualifikation und Motivation sind entscheidend für die Frage, ob als Folge des demografischen Wandels Beschäftigte auch noch über das 67. Lebensjahr hinaus erwerbstätig sein können. Um die Potentiale älterer Mitarbeiter optimal nutzen zu können, müssen Arbeitgeber passende Rahmenbedingungen und Voraussetzungen schaffen. Maßnahmen des Personal- und Gesundheitsmanagements oder der Arbeitsplatzgestaltung dürfen jedoch nicht erst in einem höheren Alter der Mitarbeiter ansetzen, sondern sollten das gesamte Erwerbsleben begleiten. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die der Arbeits- und Organisationspsychologe Prof. Dr. Karlheinz Sonntag durchgeführt hat.

Für die Untersuchung im Auftrag des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, die die Altersgruppe von 55 bis 70 Jahren in den Blick nimmt, wertete Prof. Sonntag rund 150 Studien und Forschungsberichte zum Leistungsvermögen älterer Beschäftigter aus. Ausgangspunkt für die Untersuchung ist die demografische Entwicklung, die einen deutlichen Rückgang zukünftiger Mitarbeiterzahlen in Unternehmen erwarten lässt, während die allgemeine Lebenserwartung steigt. Gleichzeitig zeigt die Entwicklung der Arbeitswelt, dass körperlich beanspruchende und manuelle Tätigkeiten eher abnehmen und dafür kognitiv und sozial anspruchsvolle Arbeiten zunehmen.

Wie Prof. Sonntag betont, ist der Ausstieg aus dem Erwerbsleben nicht an eine „natürlich vorbestimmte“ Grenze geknüpft. „Außerdem ist eine altersbedingte Verschlechterung der beruflichen Leistung nicht unausweichlich.“ Die Entwicklung der körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeit verlaufe von Person zu Person höchst unterschiedlich. Gerade im Bereich der Kognition seien Veränderungen nicht immer mit Verschlechterungen gleichzusetzen, betont der Arbeitspsychologe. Zwar beeinflusse hohe Arbeitsintensität in Verbindung mit Zeitdruck und geringer Autonomie die Leistungsfähigkeit älterer Erwerbstätiger. „Konkret lässt sich aber sagen, dass ältere Beschäftigte nur dann schlechter abschneiden, wenn Informationen schnell verarbeitet werden müssen. Dem stehen aber nachweisbar positive Wirkungen von Erfahrung und Expertise gegenüber, über die ältere Beschäftigte verfügen.“

Für die Nutzung dieses Potentials spielen laut Prof. Sonntag die Faktoren Gesundheit, Qualifikation und Motivation eine entscheidende Rolle. In allen drei Bereichen hätten die Beschäftigten zwar auch eine Eigenverantwortung, um mit zunehmendem Alter noch erfolgreich und zufrieden arbeiten zu können. Nach den Worten des Heidelberger Wissenschaftlers sollten aber auch die Unternehmen entsprechende Fördermaßnahmen ergreifen. „So ist beispielsweise ein präventives Gesundheitsmanagement wichtig, mit dem Belastungen und Ressourcen regelmäßig und systematisch analysiert werden. Eine große Bedeutung hat auch die Arbeitsgestaltung, bei der gleichermaßen Ergonomie, Organisation und Arbeitsinhalte berücksichtigt werden müssen“, erklärt Prof. Sonntag. Im Bereich der Qualifikation sei eine gezielte und adäquate Personalentwicklung nötig, die selbstgesteuerte Lernzeiten mit individuellem Lerntempo vorsehe und an bestehendes Wissen anknüpfe. Eine wichtige Rolle spielen nach Angaben von Prof. Sonntag auch Vorgesetzte, die sich vorurteilsfrei und wertschätzend verhielten und Anerkennung vermittelten. Auch wenn einige dieser Maßnahmen heute schon gängige Praxis seien, müssten die Unternehmen, die Beschäftigten selbst und auch die Verbände und Gewerkschaften dem Thema noch mehr Aufmerksamkeit widmen.

Informationen im Internet:
http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/abo/personen_sonntag_publikationen.html

Kontakt:
Prof. Dr. Karlheinz Sonntag
Psychologisches Institut
Arbeits- und Organisationspsychologie
Telefon (06221) 54-7320
karlheinz.sonntag@psychologie.uni-heidelberg.de

Quelle: idw.de, 08.04.2014