Psychologen gehen Frage des glücklichen Altwerdens nach


 

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Altersforschungsprojekt an der Osnabrücker Uni

Glücklichsein im Alter – die Frage, wie das funktioniert, dürfte sich wohl jeder irgendwann stellen. Der Psychologe Jan Hofer von der Universität Osnabrück will die Antwort darauf ganz genau wissen und startete dazu jetzt ein Forschungsprojekt. Er wolle herausfinden, was erfolgreiches Altern eigentlich heiße, sagt Hofer.

Osnabrück (ddp-nrd)

Klar sei, dass es viel mit Wohlbefinden, einem sinnvollen Leben und mit Zielen in der Zukunft zu tun habe. In den vergangenen Jahrzehnten sei festgestellt worden, «dass es eine lebenslange Entwicklung gibt», sagt der 45 Jahre alte Wissenschaftler. Der demografische Wandel befördere die Altersforschung. So gehe es auch darum, zu beantworten, wie wichtig alte Menschen für die Gesellschaft und die Wirtschaft sind. Hofers Team beschränkt sich bei dem wissenschaftlichen Vorhaben nicht nur auf die Befragung von älteren Menschen in Deutschland. Es setzt auch auf kulturvergleichende Forschung. Deshalb würden auch Menschen in Kamerun und Hongkong befragt, sagt der Wissenschaftler. In diesen Ländern hätten Alte einen anderen Stellenwert. Den Probanden würden abstrakte Bilder vorgelegt, zu denen sie Geschichten erzählen sollen. «Dadurch wird das unbewusste Motivationssystem der Menschen erkennbar», erläutert Hofer. Gerade diese unbewussten Motivationssysteme seien es, von denen Antrieb ausgehe.

«Wer rastet, der rostet», sagt Hofer. Deshalb sei es auch im Alter wichtig, sich Ziele zu setzen. Der 74 Jahre alte Survival-Experte und Menschenrechtsaktivist Rüdiger Nehberg, für den nach eigenem Bekunden ein eiskaltes Bad in einem zugefrorenen See kein Problem darstellt, ist eine Bestätigung für Hofers Aussagen. Sein Ziel sei es, die Verteilung von vier Millionen Exemplaren des «Goldenen Buches» zu erleben, in dem sich prominente islamische Würdenträger gegen die weibliche Genitalverstümmelung ausgesprochen haben, sagt Nehberg. Er setzt sich mit großem Engagement für ein Verbot der Genitalverstümmelung ein. Seine «lebensfinale Megavision» sei die Verkündung dieser Botschaft auf einem großen Transparent über der Kaaba in Mekka, gemeinsam mit Millionen Pilgern. Das sei es, was ihn frisch halte.

Der im schleswig-holsteinischen Rausdorf lebende Nehberg weiß von seinen Weltreisen auch zu berichten, dass die Menschen auf dem schwarzen Kontinent anders altern als in Europa. «In Afrika genießt der alte Mensch nach meinem Empfinden ein gesteigertes Ansehen aufgrund seiner Lebenserfahrung. Und er lebt bis zur letzten Stunde im Familienkreis», sagt er. Hofer sieht ebenfalls einen Unterschied zur individualistischen Kultur in Deutschland und zur eher kollektivistischen in Kamerun. Für die Forschung sei deshalb auch Hongkong sehr interessant, weil sich dort durch den starken westlichen Einfluss die Kulturen mischten, sagt er.

Hofers Forschungen berücksichtigen auch die Erkenntnisse des deutschen Psychologen und Gerontologen Paul B. Baltes, der eine erfolgreiche Entwicklung im Alter als Zusammenwirken von Selektion, Optimierung und Kompensation sah. Dies bedeutet, dass sich alte Menschen mit den gegebenen Mitteln auf bestimmte Ziele konzentrieren und alles Überflüssige weglassen. Es geht schlicht um das Haushalten mit den vorhandenen Kräften. Er setze auf seine «Restsubstanz», sagt Nehberg dazu. «Darunter verstehe ich alles, was mir noch geblieben ist», erklärt er. Was bereits fehlt, habe er gesammelt und in Alkohol konserviert: Den Blinddarm, zwei Meter Venen, diverse Zähne, Haare, Vorhaut, einen Zentimeter Samenleiter, Mandeln und symbolisch ein Plastik-Ohr, weil er nur noch mit Hörgeräten hört, ein Glasauge, weil er ohne Brille schlecht sieht und ein Büschel Haare, weil er eine Glatze trägt. All das fülle bereits ein beachtliches Gefäß, sagt Nehberg. «Manchmal sitze ich davor und denke, ist es schon halb voll oder noch halb leer?»

Für sein Forschungsprojekt rechnet Hofer im Sommer nächsten Jahres mit ersten Ergebnissen. Er betont jedoch, dass es sich um reine Grundlagenforschung handele. Eine konkrete Therapie werde sich daraus zunächst nicht herleiten lassen. Auf alle Fälle aber wolle er dann der Antwort auf die Frage ein Stück nähergekommen sein: «Wie wird man im Alter glücklich?» (ddp)

Quelle: PR-inside.com vom 05.07.2009