Wenn Haus- und Gartenarbeit zählen: Körperliche Aktivität älterer Menschen verlässlich erfragen


 

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Bewegung ist gesund – in jedem Alter. Besonders ältere Menschen profitieren von regelmäßiger körperlicher Aktivität. Wie viel Bewegung sie bekommen, weiß man allerdings nicht. Denn alle Fragebögen, die bisher existierten, sind ungeeignet für ältere Menschen. Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben im Rahmen des Projekts PRISCUS (Prerequisites for a new health care model for elderly people with multi-morbidity) jetzt einen Fragebogen zur körperlichen Aktivität speziell für ältere Menschen ab 70 Jahren entwickelt und evaluiert.

Fazit: „Der PRISCUS-PAQ ist das erste verlässliche Instrument für die Untersuchung der körperlichen Aktivität älterer Menschen“, so Prof. Dr. Hans-Joachim Trampisch, Sprecher des Forschungsverbunds.

Fragen zum Berufsleben haben keine Bedeutung mehr

Bisherige Fragebögen enthielten einerseits Fragen, die für Menschen über 70 keine Bedeutung mehr haben, wie zum Beispiel zum Berufsleben. Andererseits blendeten sie Bereiche aus, deren Bedeutung im Alter wächst, so zum Beispiel Gartenarbeit, Hausarbeit und Spaziergänge. Der PRISCUS-Physical Activity Questionnaire (PRISCUS-PAQ) berücksichtigt diese Besonderheiten. Er wurde für ein telefonisches Interview entwickelt und erfasst die Aktivität bzw. den Energieverbrauch der letzten sieben Tage. Jeder Tätigkeit aus den Bereichen „Ruhen“, „Alltagsarbeit“ und „Sport“ wurde ein sog. metabolisches Äquivalent (MET) zugeordnet, um sie hinsichtlich ihres Energieverbrauchs zu bewerten. Der Fragebogen umfasst insgesamt zehn Fragen.

Test mit 91 Versuchspersonen

Bochumer Forscher des Lehrstuhls für Sportmedizin und Sporternährung (Leiterin Prof. Dr. Petra Platen) testeten den Fragebogen mit 91 Versuchspersonen über 70 Jahre (36% Männer). Sie befragten die Probanden telefonisch zweimal im Abstand von ca. vier Wochen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Fragebogen verlässliche Ergebnisse bringt“, fasst Prof. Trampisch zusammen. Er soll im PRISCUS-Verbund für mehrere Zwecke eingesetzt werden: Einerseits für die Sieben-Jahres-Nachuntersuchung der Patienten, die 2001 in die getABI-Studie eingeschlossen wurden und seitdem regelmäßig nachbefragt werden, andererseits in einer Interventionsstudie, in der die körperliche Aktivität älterer Menschen gesteigert werden soll. Hier soll der Fragebogen der Kontrolle dienen, ob die Maßnahmen ihr Ziel erreichen und die Probanden entsprechend körperlich aktiver werden.

Ziele und Partner des PRISCUS-Verbunds

Im PRISCUS-Verbund, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, arbeiten unter Koordination von Prof. Dr. Hans Joachim Trampisch (Medizinische Fakultät der RUB) Wissenschaftler und Ärzte von sieben Instituten und Kliniken aus fünf Hochschulen in Bochum, Hannover, Witten/Herdecke, Münster und Bielefeld zusammen. Ziel ist es, ein Modell zur gesundheitlichen Versorgung von älteren Menschen mit mehrfachen chronischen Erkrankungen zu entwickeln. Neue Versorgungsstrukturen und Therapiestandards müssen gezielt auf die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung abgestimmt sein und qualitativ hochwertige Behandlungen ermöglichen. Gleichzeitig stehen die Kostenträger vor der Herausforderung, knappe Ressourcen in einer alternden Gesellschaft gerecht zu verteilen. Die Daten kommen zum großen Teil aus der getABI-Studie mit 6.880 Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren, die seit 2001 von Sanofi-Aventis, Berlin („Unresticted Educational Grant“) unterstützt wird. Die Datenzentrale von getABI, einer der größten epidemiologischen Studien im hausärztlichen Bereich in Deutschland, befindet sich in Bochum.

U. Trampisch, P. Platen, I. Burghaus, A. Moschny, S. Wilm, U. Thiem, T. Hinrichs: Reliabilität des PRISCUS-PAQ. Fragebogen zur Erfassung körperlicher Aktivität von Personen im Alter von 70 Jahren und älter. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 2010, Bd. 43, S. 399-406, doi: 10.1007/s00391-010-0118-5

Weitere Informationen

Prof. Dr. Hans Joachim Trampisch, Sprecher des Verbundprojekts PRISCUS, Abteilung Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Medizinische Fakultät der RUB, Tel. 0234/32-27790, hans.j.trampisch@rub.de

Quelle: idw.de,  10. Januar 2011