Österreich: Wittgenstein-Preis geht an den Demographen Wolfgang Lutz


 

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Österreichs Wissenschaftsministerin Beatrix Karl gab heute im Rahmen einer Pressekonferenz den diesjährigen Wittgenstein-Preisträger 2010 bekannt. Der Wittgenstein-Preis 2010 geht mit Wolfgang Lutz erstmals seit Bestehen des Programms an einen Sozialwissenschafter.

In institutioneller Hinsicht ist Wolfgang Lutz gegenwärtig auf dreifache Weise in Österreich verankert. Er ist seit dem Jahr 2002 Direktor des „Vienna Institute of Demography“ (VID) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, leitet seit dem Jahr 1994 das „World Population Program“ des „International Institute for Applied Systems Analysis – IIASA“, in Laxenburg bei Wien und ist seit dem Jahr 2009 Professor für Sozialstatistik an der Wirtschaftsuniversität Wien. Wolfgang Lutz, geboren 1956 in Rom, aufgewachsen in Deutschland und Österreich, studierte zunächst Philosophie, Mathematik und Theologie an der Universität München, schloss dann sein Diplomstudium der Sozial- und Wirtschaftsstatistik an der Universität Wien 1980 ab, und ging anschließend für zwei Jahre an die University of Pennsylvania, um Demographie zu studieren. Dem Masterstudium folgte ein in Rekordzeit absolviertes PhD-Programm, das er innerhalb nur eines Jahres und mit ausgezeichnetem Erfolg abschloss. Als „philosophiae doctor“ (Ph.D.) verließ er 1983 die Vereinigten Staaten und kehrte nach Österreich an das IIASA zurück, dem er seit 1984 zunächst als Research Associate, später als Deputy Program Leader und seit 1994 als Program Leader angehört. Im Jahr 1988 habilitierte er sich im Fach Demographie und Sozialstatistik an seiner Alma Mater in Wien.

Mit seiner Forschung hat Wolfgang Lutz zu bahnbrechenden Leistungen bei der Analyse von Bevölkerungsentwicklungen beigetragen. Dazu gehören u.a. empirische Analysen von Geburtenraten, Modellierungen von Voraussagen zur Bevölkerungsentwicklung sowie Untersuchungen der Beziehung von Bevölkerungs- und Umweltentwicklungen. In jüngster Zeit hat Wolfgang Lutz seinen Fokus verstärkt auf die Analysen von Humankapital und ökonomischen Entwicklung gelegt. Dabei konnte in einem empirischen Vergleich von 120 Ländern wissenschaftlich gezeigt werden, dass nicht so sehr Elitenbildung, sondern die Bildung breiter Teile der Bevölkerung zentraler Motor für den Wohlstand einer Gesellschaft ist.

Mit dem Wittgenstein-Preis will Wolfgang Lutz ein „Research Center for International Human Capital“ aufbauen, das von der Akademie der Wissenschaften und der Wirtschaftsuniversität Wien in enger Kooperation mit dem IIASA in Laxenburg getragen werden soll. Ziel ist es, exzellente Forschungsbedingungen für interdisziplinäre Bevölkerungs- und WirtschaftswissenschafterInnen bereitzustellen, um ein weltweit führendes Forschungszentrum zu etablieren. Auf Basis der Forschungsarbeiten soll es möglich werden, neue Visionen und Politikansätze für einige der größten gesellschaftlichen Herausforderung zu formulieren.

Der Wittgenstein-Preis ist Österreichs höchstdotierter und prestigeträchtigster Wissenschaftspreis, der seit 1996 durch den FWF vergeben wird. Der Preisträgerin/dem Preisträger stehen für ihre/seine (weitere) wissenschaftliche Arbeit bis zu 1,5 Mio. EUR für die Dauer von fünf Jahren zur Verfügung. Der Wittgenstein-Preis ist ein so genannter „Dry prize“, das heißt, die Gelder stehen ausschließlich für die intendierte Forschung und hier insbesondere für die Anstellung junger WissenschafterInnen zur Verfügung.

Der Entscheidungsvorschlag – basierend auf Fachgutachten ausländischer ExpertInnen – wurde von der Internationalen START-/Wittgenstein-Jury zusammengestellt. Die Jury setzt sich aus renommierten WissenschafterInnen aus dem Ausland zusammen, um eine bestmögliche Objektivierung der Entscheidung sicherzustellen. Die Jury tagte Ende letzter Woche unter der Vorsitzführung von Sheila Jasanoff, Professorin an der Kennedy School of Government, Harvard University.

Quelle:  http://www.fwf.ac.at/de/public_relations/press/pa20100614.html
Wien, am 14. Juni 2010