Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington und die Amyotrophe Lateralsklerose zeichnen sich durch toxische Eiweißablagerungen in bestimmten Gehirnregionen und Nervenzellen aus. In welcher Verbindung diese Ablagerungen jedoch mit der Schädigung und dem Absterben von Nervenzellen stehen, das wollen Wolfgang Baumeister, F.-Ulrich Hartl, Rüdiger Klein und Matthias Mann herausfinden. Für ihr Vorhaben erhielten die vier Direktoren aus den Max-Planck-Instituten für Biochemie und für Neurobiologie jetzt einen Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) in Höhe von 13,9 Millionen Euro.
Weltweit leiden rund 35,6 Millionen Menschen an einer Demenz- oder neurodegenerativen Erkrankung. Nach einer Berechnung der WHO wird sich diese Zahl in den nächsten zwanzig Jahren nahezu verdoppeln. Ohne entsprechende Therapien stehen vor allem die Industrienationen mit ihrer alternden Bevölkerung vor einem großen medizinischen und sozio-ökonomischen Problem.
Zu den altersbedingten neurodegenerativen Erkrankungen gehören unter anderem die Alzheimer Krankheit, Parkinson, Chorea Huntington und die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Alle vier Erkrankungen zeichnen sich durch charakteristische Ablagerungen von verklumpten Proteinen in bestimmten Gehirnregionen und Nervenzellen aus. Obwohl an diesen Ablagerungen ganz unterschiedliche Proteine beteiligt sein können, neigen sie immer dazu, faserartige Strukturen (Amyloidfibrillen) zu bilden. In welcher Verbindung diese Ablagerungen mit der beobachteten Toxizität und dem Sterben der Nervenzellen stehen, ist nach wie vor unklar. In einem großen interdisziplinären Projekt werden die Max-Planck-Direktoren den gemeinsamen Ursachen der vier Krankheiten mit Methoden der zellulären Biochemie, Proteomics und der Kryo-Elektronentomographie auf den Leib rücken.
Das Ziel der Studie, das Verständnis der grundlegenden Mechanismen der Toxizität von amyloidartigen Proteinablagerungen, ist ein wichtiger Grundstein für die Entwicklung neuer Therapien für einige der gravierendsten Demenzerkrankungen unserer Zeit. Die Bedeutung dieses Projekts hat der Europäische Forschungsrat mit der Vergabe des ERC Synergy Grants in Höhe von 13,9 Millionen Euro hervorgehoben. Damit zählt das Vorhaben der Max-Planck-Wissenschaftler zu einem von elf bewilligten Projekten. Insgesamt waren beim Europäischen Forschungsrat 710 Anträge für diese erste Vergaberunde des ERC Synergy Grants eingereicht. Er ist die höchste Forschungsförderung der Europäischen Union und wurde in diesem Jahr erstmals vergeben.
Neben der Bedeutung des Projekts hat sicher auch die wissenschaftliche Exzellenz der vier Antragsteller sowie die optimale gegenseitige Ergänzung ihrer Forschungsgebiete zu der positiven Entscheidung des Europäischen Forschungsrats beigetragen.
Prof. Dr. F.-Ulrich Hartl ist seit 1997 Direktor am MPI für Biochemie und untersucht mit seiner Abteilung wie Proteine ihre dreidimensionale Struktur erhalten. Bei neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer spielt die fehlerhafte Struktur von Proteinen eine entscheidende Rolle. Prof. Hartl ist der Koordinator des ERC Synergy Grants. Für die Analyse der biochemischen und biophysikalischen Eigenschaften der Proteinablagerungen steuert er seine Kenntnisse über die Faltung von Proteinen bei.
Weitere Informationen: http://www.biochem.mpg.d e/hartl
Prof. Dr. Wolfgang Baumeister ist seit 1988 Direktor am MPI für Biochemie, wo er mit seiner Abteilung große Proteinkomplexe erforscht, die mit herkömmlichen Methoden nicht visualisiert werden können. Für diese schwierige Arbeit entwickelte er die Methode der Kryo-Elektronentomographie, die nun für die Erforschung der großen Proteinablagerungen bei neurodegenerativen Erkrankungen eingesetzt wird. Dabei werden die Proben zunächst in flüssigem Stickstoff schockgefroren. Dann nehmen die Wissenschaftler aus verschiedenen Blickwinkeln Bilder der Probe auf, die sie schließlich zu einem dreidimensionalen Bild zusammensetzen.
Weitere Informationen: http://www.biochem.mpg.de/baumeister
Prof. Dr. Rüdiger Klein ist seit 2001 Direktor am MPI für Neurobiologie, wo er mit seiner Abteilung die Rolle von Rezeptoren auf der Zelloberfläche und ihren Bindungspartnern bei der Vernetzung von Nervenzellen über ihre gesamte Lebensdauer untersucht. Seine besondere Expertise liegt in der Entwicklung und Analyse von Zell- und Mausmodellen menschlicher Krankheiten. Anhand dieser Modelle können die Wissenschaftler erforschen, wie die Proteinablagerungen entstehen und welche Auswirkungen sie haben.
Weitere Informationen: http://www.neuro.mpg.de/klein
Prof. Dr. Matthias Mann ist seit 2005 Direktor am MPI für Biochemie. Seine Abteilung ist weltweit führend in der Erforschung des Proteoms, der Gesamtheit aller Proteine eines Organismus. Mit Hilfe der Massenspektrometrie wird es im Zuge des ERC Synergy Grants möglich sein, Proteine in den Zell- und Mausmodellen zu identifizieren, die die Toxizität bei neurodegenerativen Krankheiten verursachen.
Weitere Informationen: http://www.biochem.mpg.de/mann
Quelle: http://idw-online.de/de/news512383, 14.12.2012
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