Blogbeitrag März zum Förderpreis "Alter und Arbeit 2011"


 

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Strukturelle Bildgebung

Mit zunehmendem Alter zeigen sich bei einem Großteil der älteren Menschen Veränderungen in der Gehirnstruktur und -funktion. Interessanterweise können diese Veränderungen in manchen Hirnregionen durch körperliche Aktivität abgeschwächt werden. Mich interessiert, inwieweit sich dadurch bestimmte Aspekte der Handlungsmotivation und Zukunftsplanung verbessern.  Um diese Beziehungen aufzudecken, ist es erforderlich, strukturelle Veränderungen im Gehirn möglichste exakt zu vermessen.

In meinem Blog für März 2012 gebe ich zunächst einen Überblick über die bildgebenden Methoden mit denen strukturelle Veränderungen im Gehirn detektiert werden können und erläutere die daraus resultierende Datenanalyse.

1. Strukturelle Bildgebung

Es existieren verschieden Methoden der strukturellen Bildgebung, um die Hirnstruktur darzustellen und ihre strukturelle Beschaffenheit und Veränderungen (z.B. durch Interventionsstudien) zu messen.

Mich interessieren, wie in meinen früheren Blogs dargestellt, Hirnregionen, die den Neurotransmitter Dopamin produzieren (Substantia Nigra/ventrales tegmentales Areal; SN/VTA) und für das episodische Gedächtnis (Hippokampus, retrospleniale Regionen, präfrontaler Kortex) notwendig sind.

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist ein nicht-invasives bildgebendes Verfahren, das im Gegensatz zu anderen Methoden auf Röntgenstrahlen oder radioaktive Substanzen verzichtet. Hier wird die Wechselwirkung zwischen Radiowellen und einem starken Magnetfeld genutzt. Durch verschiedene Bildsequenzen können bei der MRT unterschiedliche Gewebeeigenschaften (z.B. Flüssigkeitsgehalt) gewichtet und nach Umrechnung schichtweise angezeigt werden. Die wichtigen Kompartimente des Gehirns – die graue Substanz (z.B. die Großhirnrinde; Subkortex), die weiße Substanz (z.B. Fasersysteme) und die Liquor-gefüllten Hohlräume, stellen sich in den verschiedenen Sequenzen auch typisch dar (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Unterschiedliche MR-Bildmodalitäten der vorliegenden Arbeit

Wir haben diverse MRT-Methoden kombiniert, um unterschiedliche  Aspekte struktureller Integrität erfassen zu können:

Die T1-Bildgebung zeichnet sich durch eine gute Kontrastierung zwischen grauer und weißer Substanz aus. Auf diesen Bildern ist es somit möglich, Strukturen zu identifizieren und zu segmentieren. Hier können Hippokampus und andere Hirnstrukturen in der günstigsten Ebene dargestellt und vermessen werden. Daneben sind 3-D- Oberflächenrekonstruktionen und Volumetrie der entsprechenden Strukturen möglich.

Wir nutzten die Magnetisierungs-Transfer-Bildgebung um Aufschluss über die strukturelle Beschaffenheit zu erlangen. Magnetisierungs-Transfer (MT) im Gewebe bezieht sich auf den Austausch von Protonenmagnetisierungen zwischen mobilen Wasserprotonen und Protonen, die an Makromoleküle gebunden sind (Wolff and Balaban, 1989). Der Magnetisierungstransfer hängt von Gewebeeigenschaften wie Konzentration, Struktur und/oder den chemischen Eigenschaften der Makromoleküle sowie Wassergehalt aber auch von den Parametern der Bildsequenzen ab und unterscheidet sich somit in den einzelnen Geweben, durch unterschiedliche Signalintensitätsabnahmen (Wolff and Balaban, 1994). Das Verhältnis zwischen MT und noMT kann als MTratio berechnet werden. Wir nutzen das MTRatio als ein Maß um die strukturelle Integrität spezifischer Regionen zu messen, wie die Substantia Nigra / VTA (Ursprungsareal dopaminerger Neuromodulation).
Warum spielt der Magnetisierungs-Transfer-Ratio in der vorliegenden Studie eine besondere Rolle?

Es konnte gezeigt werden, dass MTR Messungen geeignet sind, um strukturelle Veränderungen in der SN/VTA, die mit dem Verlust dopaminerger Neurone einhergehen, zu erfassen. So wurden bei Patienten mit Parkinson Erkrankung (parkinson disease, PD) reduzierte MTRs in der SN/VTA (Eckert et al., 2004; Seppi and Schocke, 2005 ) berichtet. PD ist gekennzeichnet durch eine selektive Depletion dopaminerger, neuromelaninhaltiger Neurone der SN (pars compacta). Neuromelanin ist ein dunkles nicht-lösliches Makromolekül, das der SN die schwarze Färbung verleiht. Neuronaler Verlust sowie eine Degeneration des Gerüstes neuromelaniner Makromoleküle (Fasano et al., 2006) könnten zu einer Abnahme des MTR führen. Es ist vorstellbar, dass beide Mechanismen auch bei gesunden älteren Personen zu MTR Reduktionen führen könnten.

Mit MTR können auch krankheitsspezifische Veränderungen im Hippokampus detektiert werden (Hanyu et al., 2000 ; Hanyu et al., 2000; Hanyu et al., 2005 ).

Dadurch ist die MTR ein komplementäres Maß für die Erkennung früher Abweichungen von grundsätzlich normal erscheinendem Gewebe, insbesondere der weißen Substanz (Audoin et al., 2004; Fernando et al., 2005; Iannucci et al., 2000; Traboulsee et al., 2002) sowie kortikaler (Fernando et al., 2005) als auch subkortikaler grauer Substanz (Audoin et al., 2004).

Schließlich zeigt der MTR des Kortex gesunder älterer Erwachsene eine negative Korrelation mit dem Alter. Die altersbedingte Abnahme ist stärker für die graue Substanz als für die weiße Substanz ausgeprägt, was darauf schließen lässt, dass MTR sensitiv für altersbedingte Veränderungen in Strukturen der grauen Substanz ist (Benedetti et al., 2006; Fazekas et al., 2005; Ge et al., 2002). Jedoch sind Daten zur Beziehung zwischen MTR und kognitiven Funktionen im Alter noch rar (Deary et al., 2006).

Unser strukturelles Messprotokoll

Alle strukturellen Daten wurden innerhalb einer Sitzung an einem 3-Tesla Ganzkörper-MRT-System (Siemens-Verio) am DZNE Magdeburg aufgenommen. Die strukturellen Protokolle für die T1 und MT im 3 Tesla MTR orientieren sich an bereits publizierten Protokollen, wobei eine detaillierte Anpassung an den neuen 3 Tesla Scanner ausgearbeitet wurde. Die Messsequenzen erfolgen in der prä- und post-Trainingsphase mit folgenden Sequenzen, die innerhalb meiner Forschungsarbeit für die Erforschung struktureller Zusammenhänge relevant sind:

T1-gewichtete Bildgebung (3 Tesla MRT)
Für jeden Probanden wurden T1-gewichtete sagittale 3D Scans mit einer räumlichen Auflösung von 224 x 224 Pixel und einer Voxelgröße von 0.8 x 0.8 x 0.8 mm (224 sagittale Schichten) akquiriert (Dauer: ca. 6.29 min). Diese Bilder wurden anschließend mit Hilfe automatischer Segmentierungsabläufe vorverarbeitet (Good, 2001 #17119). Die T1-Bilder werden für die Definition der ROIs genutzt.

Magnetisierungs-Transfer Bildgebung (3 Tesla MRT)
In den vorliegenden Studien wurden MT-Aufnahmen durch zwei Volumina mit identischen Settings erfasst (transversal, 256 x 256 Pixel, 48 Schichten, Voxelgröße 1.0 mm x 1.0 mm x 3.0mm). Die erste Aufnahme (MT-Bild) mit einem magnetischen Sättigungspuls (1200Hz off-Resonanz, 16ms) und die zweite Aufnahme (noMT) ohne einen magnetischen Sättigungspuls. Die anschließende Berechnung der Magnetisierungs-Transfer-Ratio (MTR) Karten erfolgte auf Basis einer Voxel zu Voxel Berechnung, gemäß der Formel: MTR=(noMT-MT)/noMT.

Identifizierung der Regions of Interest (ROIs)

Für die Erforschung der Zusammenhänge zwischen strukturellen und psychoszialen Faktoren haben wir Hirnregionen ausgewählt, die für die Planung zukünftiger Aktivitäten (episodisches Gedächtnisnetzwerk; z.B. Hippokampus, retrospleniale Regionen, Frontallappen) und motivationale Aspekte zur Exploration von Neuheit (dopaminerge Neuromodulation; Substantia Nigra/VTA im Mittelhirn) kritisch sind. ROIs sind letztendlich geometrische Formen, die in die Hirnstrukturen gezeichnet werden, aus denen man auf Basis der Bildeigenschaften (z.B. T1 oder MTratio) die strukturellen Informationen herauslesen kann (z.B. graue Substanzdichte, strukturelle Beschaffenheit oder das Volumen), um dann statistische Berechnungen durchzuführen. Dies waren unsere ROIs:

  • frontale weiße Substanz (gezeichnet auf einem T1-Bild; Referenzregion)
  • Hippokampus und seine Subfelder (gezeichnet auf einem T1-Bild, Komponente des episodischen Gedächtnisnetzwerks)
  • SN/VTA (gezeichnet auf einem MT-Bild, dopaminerge Neuromodulation)
  • Nukleus Basalis Meynert (gezeichnet auf einem T1-Bild, cholinerge Neuromodulation, Referenzregion)

Abbildung 2: Regions of Interest (ROIs) der Studie

2. Analyse struktureller Daten

Wie hängt die Integrität und die trainingsbedingten Veränderungen in den ROIs mit dem subjektiven Gesundheitshorizont und der Fähigkeit, die Zukunft zu planen, zusammen? Um das zu untersuchen, werden geplante Korrelationen durchgeführt zwischen SHH und FORESEE-Werten und den ROIs Werten.

Darüber hinaus werde ich diese Zusammenhänge explorativ im ganzen Hirn erfassen, mit Hilfe der voxel-basierten Morphometrie (VBM).

VBM-Analysen
Die Auswertung der strukturellen Bilder erfolgt mit Hilfe des Software Programms „Statistical Parametric Mapping“ (SPM), welches für die Analyse funktioneller und struktureller bildgebender Daten entwickelt wurde.

Die VBM ist eine bildgebende Analysetechnik, die es ermöglicht, lokale Unterschiede in der Hirnanatomie zu untersuchen. Sie nutzt dabei den statistischen Zugang der SPM-Methodik. In der VBM können sehr kleine Volumenunterschiede detektiert werden. VBM registriert jedes Gehirn auf ein Durchschnittsbild, um gravierende hirnanatomische Unterschiede zwischen den Probanden auszugleichen. Nach weiteren Vorverarbeitungsschritten ist es schließlich möglich, die Bildvolumen verschiedener Gehirne auf Basis einzelner Voxel zu vergleichen.

Diese Methode machen wir uns zunutze, um den SHH-Wert und andere psychosoziale Maße als Regressoren in die VBM Analysen zu integrieren. Als Ergebnis erhalten wir Unterschiede innerhalb der grauen Substanzdichte, die durch den Regressor beeinflusst werden.

3. Aktueller Stand der Studie

Studienablauf
Mit dem Stand vom 25.03.12 sind in die Studie 14 Teilnehmer in der Versuchsgruppe (7 männlich) und 14 Teilnehmer in der Kontrollgruppe (7 männlich) eingeschlossen.

Von den 20 neu rekrutierten potentiellen Teilnehmern durchlaufen 10 momentan die kardiologische Voruntersuchung, bevor sie in die Studie ein- oder ausgeschlossen werden können.

Die Gruppen unterscheiden sich nicht signifikant in der Verteilung der Geschlechter, Body-Mass-Index, Ausdauertraining und Gedächtnisleistung.

Das MT-Protokoll wurde erfolgreich für den neuen 3Tesla Scanner während der Trainingsstudie optimiert. Wir konnten dadurch für alle Probanden die MTratio-Daten für die Aufnahme nach Trainingsende berechnen. Somit sind wir nun in der Lage, die Veränderungen innerhalb des subjektiven Gesundheitshorizontes mit den strukturellen post-MT-Daten in Beziehung zu setzen.

Nach visueller Begutachtung sind alle T1-gewichteten Bilder von sehr guter Qualität und Auflösung. Die Segmentierung der Hippokampi liegt von allen gemessenen Probanden vor und die Volumen für jeden Probanden wurden ausgelesen (manuell und automatisch mit dem Programm Freesurfer). Die ROIs liegen für alle Probanden vor (Abbildung 2). Da die Qualität der T1-gewichteten Bilder sehr gut ist, konnten wir auf den 3Tesla Daten auch die Hippokampus-Subfelder, die sehr klein sind, wie folgt definieren (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Hippokampus ROIs (links) und Subfelder des Hippokampus (rechts) auf unseren T1-gewichteten 3 Tesla Daten

Die Daten des hochauflösenden 7 Tesla Scanner werden zusätzlich zu den Analysen heran gezogen und bieten für mich eine einmalige Möglichkeit, auch sehr kleine strukturelle Veränderungen innerhalb der Hippokampus-Subfelder (Abbildung 4) mit den Veränderungen des SHH in Beziehung zu stellen.

Abbildung 4: ein 7Tesla T2*-Bild mit einer Auflösung von 0,22mm in plane und den definierten hippokampalen Subfeldern

Ich hoffe, dass es bis zum nächsten Blog möglich ist, erste Resultate zu präsentieren.

Sandra Düzel

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Februar 2012