Blogbeitrag Oktober zum Förderpreis “Alter und Arbeit 2011″


 

am von .

Validierung des Fragebogens

1. Faktorenanalyse
Um den Fragebogen zukünftig etablieren und validieren zu können, müssen in einer großen Population stimmige Faktorenanalysen durchgeführt werden, die u.a. die internale und Test-Retest Reliablilität untersuchen. Ich habe zusätzlich den Fragebogen in unterschiedlichen Studien bei insgesamt 80 Probanden mit erhoben. Deshalb kann ich an dieser Stelle mit Hilfe einer Faktorenanalyse die Validität des Fragebogens prüfen.  In diesem Blog stelle ich die Validitätstests vor.
Mit Hilfe einer Faktorenanalyse wird getestet, inwieweit die von mir vordefinierten Subskalen auch statistisch miteinander in Beziehung stehen. Zur Überprüfung der Konstruktvalidität des SHH-Fragebogens führte ich eine exploratorische Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation) durch.  Die Ergebnisse dieser Analyse sind in Abbildung 1 aufgeführt.

Abbildung 1: Faktorladungen der einzelnen Items des SHH Fragebogens.

Die Grafik stellt die Korrelationen der einzelnen Items auf dem jeweiligen Faktor dar. Die Itemfarbe reflektiert die Ladung auf einen Faktor.
Die Hauptkomponentenanalyse führte zu einer 6-Faktoren-Lösung, wobei allein die ersten drei Faktoren deutlich mehr als die Hälfte (nämlich 55,5 %) der Gesamtvarianz von insgesamt 76,7% aufklären (Abb. 2).

Die Faktorladungen (Abb. 1) reflektieren meine hypothetischen Unterteilungen des Fragebogens in folgende Untergruppen (siehe Blog März 2012):

  • körperliche Gesundheitsperspektive (Items 8-16)
  • neuheitsbezogenen (mentale) Zukunftsperspektiven (Items 23a-j)
  • gesundheits- und motiationsbezogenen Arbeitsperspektive
  • Perspektive der allgemeinen Lebens- und Zukunftsplanung
  • zukünftige körperliche Leistungssteigerung

Auf dem ersten Faktor laden vor allem Items, die die „körperliche Gesundheitsperspektive“ erfassen, auf den zweiten Faktor die Items, die „neuheitsbezogene Zukunftsperspektiven“ messen. Auf dem dritten Faktor finden sich relevante Ladungen der Subitems, die die gesundheits- und motivationsbezognenen Berufsperspektive vereinigen. Auf dem vierten Faktor schließlich laden die drei Items, welche die zukünftige Lebensplanung erfasst. Auf dem fünften laden 2 Items zur Perspektive zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und auf dem sechsten Faktor nur 1 Item.

Abbildung 2:  Erklärte Gesamtvarianz der extrahierten Faktoren

Die postulierte Sub-Struktur der SHH-Skala lässt sich demzufolge durch die exploratorische Faktorenanalyse bestätigen.

2. Cronbachs alpha-Test

Eine weitere Analyse zur Messung der internen Konsistenz eines Fragebogens ist der Cronbachs Alpha-Test. Er bezeichnet das Ausmaß, wie die Items einer Skala sich aufeinander beziehen. Es bezeichnet die durchschnittliche Korrelation zwischen den einzelnen Items. Hier werden die Itemsdaten hinsichtlich ihrer Varianzen der einzelnen Testpersonen und der Varianz zwischen den Items untersucht. Je höher die Varianz zwischen den Testpersonen, desto höher ist Cronbachs Alpha. Hier gilt als Regel, dass Fragebögen nur verwendet werden sollten, wenn ein Wert für Cronbachs Alpha von mindestens 0,65 oder mehr erreicht wird.

Für meinen 28 Item SHH- Fragebogen mit 10 stufiger Rating-Skala werden sehr gute interne Konsistenzen für die 6 Subsegmentierungen berichtet (Cronbachs Alpha 0.944).

Mit Hilfe dieser beiden Tests konnte die Zuverlässigkeit der SHH-Skalen insgesamt gesehen als sehr gut eingeschätzt werden kann. Auch die faktorielle Validität der Subskalen zeigt sich als gut. Die Ergebnisse der explorativen Faktoranalyse deuten darauf hin, das die aus den theoretischen Vorüberlegungen abgeleiteten Subskalen faktorenanalytisch zu reproduzieren.

Unterscheiden sich die Subskalen in ihren Zeithorizonten?

Im zweiten Schritt stellt sich die Frage, ob sich die einzelnen Zeitperspektiven der verschiedenen Subskalen auch hinsichtlich des Antwortverhaltens der Probanden signifikant unterscheiden und, ob die Unterschiede allgemein von  der allgemeinen Lebenserwartung abhängen oder eher ein unabhängiges „Phänomen“ ist. In diesen Analysen habe ich mich auch im ersten Schritt auf das größere Sample (N=74) bezogen.

Das allgemeine lineare Modell mit Messwiederholungen (Anova) zeigt, dass es  signifikante Unterschiede zwischen den Subskalen und ihrer angegebenen Zeitperspektiven existieren. Jedoch zeigt dieser Test noch nicht auf, welche Subskalen sich voneinander unterscheiden.

Abbildung 3: Darstellung der Mittelwerte (altersgruppen-kodierte Zeithorizonte) über die einzelnen Items, die sich als Subskalen durch die Faktorenanalyse zusammenfassen

Post-hoc Test zeigen im folgenden Schritt, dass es signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Subskalen gibt, jedoch unterscheiden sich Subskala 1 und 7 sowie 5 und 6 nicht signifikant voneinander.

In Abbildung 3 erkennt man gut, dass insbesondere die Zeithorizonte zu neuheitsbezogenen Perspektiven (z.B. Fragen, wie: „Wie lange denken Sie, werden Sie neue Menschen kennenlernen, neue Städte und Länder bereisen oder neue Fähigkeiten erlernen“) sowie Perspektiven zu arbeitsbezogener Leistungsfähigkeit und neue sportliche Perspektiven (z.B. Fragen, wie: „Wie lange denken Sie, könnten Sie noch beruflich tätig sein?“ oder „Wie lange werden sie neue sportliche Aktivitäten erlernen können?“) begrenzt sind. Dagegen zeigt sich bei der Perspektive der allgemeinen Lebensplanung eine hohe Perspektive. Die Zeitperspektiven zu körperlichen Aktivitäten und gesundheitsbezogener Arbeitsfähigkeit liegen im Mittelfeld.

Mich hat es überrascht, das neuheitsbezogene Perspektiven zeitlich sehr niedrig eingeschätzt werden. Jedoch bestätigt diese geringere Ausprägung der „Neugier“ im Alter motivationspsychologische  Theorien von z.B. Laura Carstensen, dass es im Alter zu einer „Abwendung“ von Neuem hin zu „Bekannten“ kommt. Spannend wird es dann, wenn ich die unterschiedlichen Gruppen in unserer Trainingsstudie vergleichen werde (im letzten Blog im Dezember), um meine Hypothesen zu testen.

Die Frage zur allgemeinen Einschätzung, wie lange man noch glaubt, gesund zu bleiben, lädt mit auf dem ersten Faktor (in Abb. 3 als „körperlicher SHH“ bezeichnet), auf dem auch Fragen zu gesundheitlich-körperlichen Perspektiven laden. Ich denke, dass sich Menschen ihre allgemeine Gesundheitsperspektive sehr stark aus der allgemeinen körperlichen Gesundheit verlassen und hierbei weniger Einschätzungen, die Perspektiven zu Neugier betreffen oder das Ziel, seine Leistungsfähigkeit zu verbessern dabei einfließen.

Fazit: Der Fragebogen misst valide verschieden Subgruppen von zeitlichen Perspektiven, die mit Hilfe einer explorativen Faktorenanalyse die hypothesenbezogenen Subgruppen genau abbilden. Die zeitlichen Perspektiven unterscheiden sich voneinander – insbesondere die Suche nach Neuheit erhält im höheren Altern einen zeitlich sehr eingeschränkten Zeithorizont.

Im nächsten Schritt interessiert mich, ob die zeitlichen Ausprägungen einzelnen Subskalen mit Unterschieden in Hirnvolumen verschiedener Areale in spezifischen oder unspezifischer Beziehung stehen.

Im Blog für November werde ich diese Beziehungen erst wieder an dem größeren Sample untersuchen und mich im Dezemberblog ausschließlich mit den Analysen der Trainingsstudie am DZNE Magdeburg befassen.

Viele Grüße
Sandra Düzel

Ältere Blogbeiträge zum Förderpreis 2011 finden Sie hier:
Vorbericht
Januar 2012
Februar 2012
März 2012
April 2012
Juni 2012
Juli 2012
August 2012
September 2012